Blendet das? Das ist die häufige Rückfrage der Nachbarn, wenn man eine Solaranlage auf dem Eigenheim installieren will. Doch wie gross ist das Problem wirklich? Und was meint das Gesetz dazu?
TEXT: Lukas Meister; FOTOS: 3S Swiss Solar Solutions AG
Glasflächen, aber auch metallische Oberflächen oder glatte Steinbeläge reflektieren das Sonnenlicht besonders gut und führen ab und an zu unerwünschten Nebeneffekten: Es blendet. Besonders Solaranlagen sind in neuerer Zeit diesbezüglich aufgefallen, vor allem aus zwei Gründen: Erstens sind Solaranlagen meist grossflächig installiert und gut einsehbar. Die grosse Fläche führt dazu, dass die Blendung nicht wie bei einem Dachfenster nur von ganz kurzer Dauer ist, sondern die wandernde Sonne während längerer Zeit beispielsweise auf den Sitzplatz des Nachbarn reflektiert wird. Zweitens wurden in den letzten Jahren Solaranlagen nicht nur auf Süddächern montiert, sondern zunehmend sogar auf Norddächern oder mit Ost-West-Ausrichtung. Süddächer wären in Bezug auf die Reflektion meist unproblematisch, da aufgrund des Einfallswinkels der Sonne die Reflexion meist gegen oben oder wiederum gegen die Sonne zu erfolgt. Bei flachen Dächern oder eben gegen Norden geneigten Dachflächen kann die Sonne jedoch in ganz andere Richtungen reflektiert werden.
DAS SIND DIE KRITISCHEN FAKTOREN
- Das Nachbargrundstück liegt deutlich höher als das eigene Grundstück.
- Grosse Solaranlage und kleiner Abstand zum Nachbarn.
- Sitzplatz oder Wohnzimmerfenster in Richtung der Solaranlage.
- Dicht bebaute Gebiete und Solaranlagen, welche nicht gegen Süden geneigt sind.
- Norddächer und Dächer gegen Osten oder Westen, welche bis tief hinunter gezogen sind.
- Schlechtes nachbarschaftliches Verhältnis.
Zu beachten ist in jedem Fall, dass die Blendung nie permanent möglich ist. Aufgrund des wandernden Sonnenstands und des saisonal unterschiedlichen Einstrahlungswinkels verschiebt sich auch die Reflexion laufend. Wenn somit eine Reflexion auf den Sitzplatz der Nachbarn nur ganz früh am Morgen erfolgt, ist diese möglicherweise nicht von Bedeutung. Erfolgt diese jedoch zur Mittagszeit, wenn der Sitzplatz meistens genutzt wird, kann die Auswirkung durchaus unangenehm sein.
WAS TUN GEGEN BLENDUNGEN?
In erster Linie gilt es zu beachten, ob überhaupt eine Blendung auftreten kann. Sieht der Betrachter zum Beispiel die Solaranlage gar nicht, kann es ihn auch nicht blenden. Heutige Solaranlagen sind mit sogenannt reflexionsarmem Glas ausgerüstet, was auch Voraussetzung für die Baubewilligungsfreiheit ist. «Reflexionsarm» ist jedoch nicht mit «Blendfrei» zu verwechseln. Wenn wirklich begründeter Verdacht auf eine unzumutbare Blendung besteht, lohnt es sich, eine Abschätzung in Form einer Simulation zu erstellen. Mit etwas Fachkenntnis kann diese Grobabschätzung selber gemacht werden mit dem Gratisdienst blendtool.ch. Wenn die Blendung tatsächlich ein Problem darstellt und man trotzdem nicht auf die Installation einer Solaranlage verzichten will, bleibt praktisch nur die Möglichkeit, sogenannt satiniertes Glas einzusetzen. Dieses hat zwar die Nachteile, dass es teurer ist und die Module etwas weniger Leistung haben. Allerdings ist der Nachbarschaftsfrieden meistens auch nicht in Franken oder Kilowattstunden zu beziffern.
WAS SAGT DAS GESETZ?
Leider gibt es zum Thema Blendung keine absoluten Grenzwerte, an denen man sich orientieren könnte. Häufig geht man von einer Blenddauer von 30 Minuten pro Tag und maximal 50 Stunden kumulierter Blenddauer pro Jahr aus, was in mehreren Gerichtsurteilen als zumutbar beurteilt wurde. Blendungen, welche diese Grenzwerte überschreiten, sind sicherlich vertieft anzuschauen und in der Handhabung heikel. Zu beachten ist auch, dass es in der Schweiz an zwei Dritteln der Tage bewölkt ist und somit an diesen Tagen gar keine Blendung auftritt. Zum Schluss sei es dem Schreibenden gestattet, eine nicht ganz ernst gemeinte, jedoch in der Praxis häufig festgestellte Tatsache zu umschreiben: Mir scheint, dass Solaranlagen in Gemeinden mit tiefem Steuerfuss mehr blenden als in Gemeinden mit höherer Steueranlage.