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Funktionierender Kreislauf

Energie Blog - Funktionierender Kreislauf

Der Lebenszyklus von Photovoltaik-Modulen beträgt mindestens 25 Jahre. Doch was ist danach? Wir befassen uns in diesem Artikel mit dem Recycling von Photovoltaik-Modulen und von anderen PV-Komponenten.

TEXT: Bruno Wüthrich; FOTOS: ZVG

Zu diesem Zweck treffe ich mich mit Martin Lingg. Er ist Projektleiter bei der clevergie AG in Wyssachen. Wir führen dieses Interview im Rahmen des Energie-Blogs, den die Firma in WURZEL in diesem Jahr publiziert.

WURZEL: Woraus besteht ein PV-Modul?

Martin Lingg: Über 95 Prozent aller auf der Welt produzierten Solarzellen bestehen aus dem Halbleitermaterial Silizium (Si). Silizium hat den Vorteil, dass es als zweithäufigstes Element der Erdrinde in ausreichenden Mengen vorhanden ist. Zudem ist die Verarbeitung und Entsorgung des Kristalls umweltverträglich. Daneben bestehen die meisten PV-Module aus einer Glasscheibe (ebenfalls mit grossem Siliziumanteil), die sich zum Schutz gegen Hagel und Verschmutzung auf der zur Sonne gewandten Seite befindet. Weiter umfasst es eine Einbettung für die Zellen aus Ethylen-Vinylacetat (EVA, ein Kunststoff), Lötbändchen und eine Tedlarfolie auf der Rückseite sowie einen Aluminiumrahmen für die Festigkeit. Der Strom wird über eine Anschlussdose und zwei Kabel abgeleitet. Bei der clevergie AG verbauen wir hauptsächlich rahmenlose Module. Dabei wird der Rahmen und die Tedlarfolie durch eine zweite Glasscheibe auf der Rückseite ersetzt. Dadurch sind die Module stabiler, wartungsarmer und wirken auf dem Dach filigraner als solche mit Rahmen.

Energie Blog - Ausgediente Photovoltaik Module

Wie wird ein PV-Modul recycelt?

Alte Module werden in einer spezialisierten Firma im grenznahen Europa vom Aluminiumrahmen, den Kabeln und den Anschlussdosen getrennt, die direkt recycelt werden. Anschliessend werden die Module zerkleinert. Bei Siliziumzellen findet mittels Pyrolyse eine thermo-chemische Abspaltung statt. Dabei werden Temperaturen von etwa 600 °C freigesetzt und Sauerstoff ausgeschlossen. Auf diese Weise verbrennt der Kunststoff und der Halbleiter wird vom Glas getrennt.

Dieses kann nun ebenfalls direkt dem Recyclingkreislauf zugeführt werden. Das Silizium verbleibt in einer metallhaltigen Flüssigkeit. Durch die sogenannte pH-Wert-Fällung, bei der ein bestimmter pH-Wert der Flüssigkeit künstlich herbeigeführt wird, setzen sich die Feststoffe ab. Mithilfe weiterer chemischer Prozesse wird das abgesetzte Material letztendlich herausgefiltert, zusammengepresst und kann für eine neue Solarzelle verwendet werden. Alles in allem sind rund 95 Prozent eines PV-Moduls recycelbar.

In der Vergangenheit war viel davon die Rede, PV-Module seien Sondermüll. Waren diese Informationen falsch?

Nein, diese Informationen waren seinerzeit zum Teil korrekt – und für die ganz alten Module können sie auch heute noch stimmen. Die erste Generation der PV-Module kann viel weniger gut recycelt werden, einzelne Bestandteile müssen zum Teil als Sondermüll behandelt werden. Dies ist hauptsächlich bei Dünnschichtmodulen der Fall, die bei PV-Anlagen nicht mehr verwendet werden.

Wie kommen die alten PV-Module vom Dach in die Recyclingfirma?

Swiss Solar, der Schweizerische Fachverband für Sonnenenergie, bei dem auch die clevergie Mitglied ist, schloss sich 2013 dem Recyclingsystem von SENS an. Wenn nun also PV-Module am Ende ihres Lebenszyklus angelangt sind, werden sie zuerst von einem Fachinstallateur abgebaut. Danach werden sie von SENS abgeholt und zu einer Sammelstelle gebracht und von dort zu einem Photovoltaik-Recycler geliefert.

Martin Lingg

ZUR PERSON
Martin Lingg

Martin Lingg, gelernter Polymechaniker mit Weiterbildung zum Techniker HF, ist heute Projektleiter im Bereich Photovoltaik bei der clevergie AG in Wyssachen. Er ist verheiratet, Vater zweier Töchter und wohnt mit seiner Familie in Langenthal.

Wie wird das finanziert?

Finanziert wird das Recycling von SENS durch die vorgezogene Recyclinggebühr (vRG). Diese ist im Kaufpreis eines PV-Moduls bereits inbegriffen.

Was geschieht mit alten Umwandlern?

Die Umwandler sind normaler Elektroschrott, wie Laptops, PCs etc. – ausser, dass die Komponenten etwas grösser sind.

Dann sind da noch die Batterien.

Alte Batterien werden vorerst gesammelt und gelagert, bis sich das Recycling von der Menge her lohnt. Auch hier ist die Finanzierung durch eine Gebühr (Vorgezogene Entsorgungsgebühr VEG) geregelt. Die Verwendung der Gebühren steht unter Aufsicht des Bundes. Ich hätte da noch einen Tipp für alle FahrerInnen eines Elektrofahrzeuges.

Erzählen Sie.

Es wird intensiv an der Weiterverwendung von Batterien geforscht, recyclierte Ressourcen werden in Zukunft noch lukrativer. Bevor es bei Fahrzeugbatterien zum echten Recycling kommt, kann es einen Zwischenschritt geben, der als Second Life bezeichnet wird – wir geben den Batterien ein zweites Leben. Wenn diese altern, verlieren sie langsam ihre Kapazität. Bei Elektroautos ist das ein Problem, weil damit die Reichweite sinkt. Dafür kann die Batterie effizient als stationäre Grossspeicheranlage für Netzbetreiber eingesetzt werden, um Strom aus Photovoltaikanlagen zu speichern. So verlängern Sie die Lebensdauer auf 30 Jahre und mehr. Dann muss die Batterie zu einem Recycling-Betrieb, wo der Fokus jedoch noch nicht auf der Rückgewinnung des Lithiums liegt. Das Alkalimetall ist aktuell so preisgünstig, dass sich ein Recycling in reiner Form noch nicht lohnt. Darum werden anfallende Lithium-Verbindungen zum Beispiel in der Betonindustrie zu neuem Einsatz gebracht. Bei anderen Metallen der Lithium-Batterien – beispielsweise Kobalt, Kupfer und Nickel – lohnt sich die Rückgewinnung in reiner Form. Die Materialien werden bei grosser Hitze getrennt. Am Ende bleibt weniger als ein Prozent an Rückständen.

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